November 05, 2025 Aktualisiert: November 05, 2025

Ammoniak – mehr als ein Molekül: Interview mit Toufic Ismail

Beim Workshop „Ammoniak – mehr als ein Molekül“ am 28. Oktober 2025 am Gas- und Wärme-Institut Essen (GWI) trafen sich VertreterInnen aus Politik, Industrie und Forschung, um über die Zukunft von grünem Ammoniak zu diskutieren.

Toufic Ismail, Fördermittelberater bei PNO Consultants, war vor Ort und berichtet im Interview über zentrale Erkenntnisse, technologische Innovationen und die strategische Bedeutung von Ammoniak in der Energiewende.

Gruppe von Fachleuten in intensiver Diskussion während des Ammoniak-Workshops am GWI Essen. PNO Innovation nimmt an der Gesprächsrunde teil, um über nachhaltige Energielösungen und grünen Ammoniak zu sprechen.

Herr Ismail, Sie waren beim GWI-Workshop in Essen dabei. Wie war Ihr Gesamteindruck von der Veranstaltung?

Toufic Ismail: Die Veranstaltung war hervorragend organisiert: mit einem sehr offenen Austausch zwischen Ministerien, Industrie und Forschung. Man hat gemerkt: Hier geht es nicht um Zukunftsvisionen auf dem Papier, sondern um die konkrete Umsetzung.
Besonders prägend war der Auftakt von Ann-Kristin Heutz vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW, die das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz (WasserstoffBG) vorstellte und zeigte, welche Bedeutung Ammoniak als Wasserstoffderivat künftig einnimmt. Das Gesetz soll Genehmigungsverfahren für Wasserstoff- und Ammoniakinfrastruktur vereinfachen und Projekte mit überragendem öffentlichen Interesse einstufen. Das ist ein wichtiger Schritt für den Markthochlauf.

Welche technologischen Entwicklungen haben Sie besonders beeindruckt?

Toufic Ismail: Ein Schwerpunkt lag auf den Anwendungsfeldern von Ammoniak. Dr. Ann-Kathrin Klaas (EWI) zeigte, dass Ammoniak sowohl als Brennstoff für Hochtemperaturprozesse als auch als Transport- und Speichermedium für Wasserstoff großes Potenzial bietet.

Zwei Innovationen haben mich besonders beeindruckt:

  • Dr. Lena Engelmeier (ZBT GmbH) präsentierte einen Ammoniak-Cracker für Binnenschiffe, der Wasserstoff direkt an Bord erzeugt: ein echter Meilenstein für saubere Antriebssysteme.
  • Christian Hermle (Ammonigy GmbH) stellte ein dezentrales NH₃-Cracker-System für Verbrennungsmotoren und Industriebrenner vor. Es erreicht Wirkungsgrade bis zu 90 % und Emissionen unter 10 ppm, fast emissionsfrei.

Auch die Forschung des GWI-Teams um Dr. Marcel Biebl und Bernd Feller war beeindruckend: Durch partielle Ammoniakspaltung und optimierte Brennergeometrien können NOₓ-Emissionen um bis zu 80 % reduziert werden. Das Ergebnis ist besonders relevant für industrielle Anwendungen.

Welche Rolle spielt die Regulatorik für den Einsatz von Ammoniak?

Toufic Ismail: Eine sehr große. Marcel Schmidt (VDH | HKL Anlagentechnik) hat deutlich gemacht, dass die sichere Nutzung von Ammoniak technisch schon heute möglich ist, sofern das Zusammenspiel von BImSchG, TA Luft, AwSV und TRGS-Regelwerken berücksichtigt wird. Sicherheit ist also kein Hindernis, sondern eine Frage der professionellen Planung. Diese Kombination aus Praxis, Regulierung und Technik zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung.

Welche Fördermöglichkeiten sehen Sie für die weitere Entwicklung?

Toufic Ismail: Viele Technologien befinden sich derzeit im Demonstrationsstadium. Das heißt: Sie brauchen gezielte Anschubfinanzierung. Programme wie der Innovation Fund, die Connecting Europe Facility (CEF) oder nationale Wasserstoffstrategien (z.B. BordstromTech II oder CO2-Differenzverträge) bieten hervorragende Fördermöglichkeiten. Entscheidend ist, Technologieentwicklung, Genehmigung und Förderung strategisch zu verzahnen, um den Übergang von der Forschung in die Marktreife zu beschleunigen.

Warum ist Ammoniak aus Ihrer Sicht ein so interessantes Thema – und warum nicht Strom, Wasserstoff oder Methanol?

Toufic Ismail: Die Transformation ist unausweichlich. Die Frage ist nicht ob, sondern wie. Je nach Branche, Standort oder Projektgröße kann eine andere Technologie sinnvoll sein. Früher war die Welt einfach: Diesel bewegte, Erdgas betrieb. Heute laufen Stromnetze, Wasserstoffnetze, Transportinfrastrukturen parallel. Niemand kann sicher sagen, welche Energieform sich wo langfristig durchsetzt. Deshalb braucht jedes Projekt eine eigene Strategie.

Ammoniak ist kein Allheilmittel, aber ein hochinteressanter Baustein der Energiewende. Seine Stärke liegt vor allem in Transport, Speicherung und Skalierbarkeit. Wenn große Energiemengen über weite Strecken transportiert oder saisonal gespeichert werden müssen, stößt reiner Wasserstoff an Grenzen. In genau diesen Fällen kann Ammoniak seine Vorteile voll ausspielen. Er lässt sich einfach verflüssigen, lagern und transportieren, nutzt bestehende Infrastruktur und kann bei Bedarf wieder in Wasserstoff umgewandelt werden. Im Gegensatz zu Methanol oder Biogas ist Ammoniak kohlenstofffrei. Das macht ihn in vielen Szenarien besonders attraktiv.

Wie schätzen Sie den Kostenfaktor ein?

Toufic Ismail: Natürlich ist grüner Ammoniak derzeit noch teurer als fossile Alternativen. Aber das wird sich mit wachsender Produktionskapazität und Fördermechanismen ändern. Wir sehen schon heute in Förderprojekten, dass Skaleneffekte, Infrastrukturinvestitionen und internationale Lieferketten die Wirtschaftlichkeit schnell verbessern. Deshalb ist jetzt der richtige Moment, strategisch zu planen, welche Technologie und welche Förderkulisse langfristig zum eigenen Projekt passt. Ammoniak lohnt sich insbesondere dann, wenn Wasserstoff zu aufwendig, Methanol zu CO₂-intensiv und Strom zu volatil ist.

Was nehmen Sie persönlich aus dem Workshop mit?

Toufic Ismail: Der Workshop hat gezeigt: Die Energiewende braucht viele Bausteine und Ammoniak wird einer der entscheidenden sein. Mit klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen, gezielten Förderprogrammen und interdisziplinärer Zusammenarbeit kann der Sprung von Pilotprojekten zur industriellen Anwendung gelingen. Am Ende geht es nicht um die eine Lösung, sondern um die richtige Kombination zur richtigen Zeit: technisch, ökonomisch und förderpolitisch.

 

quote icon

"Am Ende geht es nicht darum, die eine Lösung zu finden, sondern die richtige Kombination zur richtigen Zeit: technisch, ökonomisch und förderpolitisch. "

Toufic Ismail , Senior Consultant

Lassen Sie uns ins Gespräch kommen

Wenn Sie prüfen möchten, ob Ammoniak für Ihr Unternehmen eine passende Option ist, melden Sie sich gerne über das Kontaktformular am Ende dieser Seite, telefonisch unter(0211) 650 447 84 oder direkt per E-Mail an toufic.ismail@pnoinnovation.com.

Unser Experten-Team analysiert Ihr Vorhaben und zeigt, welcher Ansatz technologisch und wirtschaftlich am sinnvollsten ist, inklusive möglicher Förderoptionen.

Wie können wir Ihnen helfen?

Erfahren Sie, wie unsere Experten Ihre Innovation fördern können.

    *Pflichtfelder

    This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.